Josef Ingermann

Gedächtnisprotokoll: Zeitzeugengespräch mit Dr. Franz-Josef Ingermann – Erinnerungen an die Schulzeit in Mausbach

Im Rahmen eines schulischen Zeitzeugengesprächs berichtete Dr. Franz-Josef Ingermann von seinen persönlichen Erfahrungen mit der Schule in Mausbach, seiner Kindheit und Jugend sowie über geschichtliche Besonderheiten der Region. Das Gespräch war geprägt von lebhaften Erinnerungen, eindrucksvollen Erlebnissen im Freien und nachdenklichen Rückblicken auf frühere Schulzeiten.

 

Erlebnisse mit Lehrer Leo Esser

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf den Erinnerungen an den Lehrer Leo Esser, der als äußerst engagiert beschrieben wurde. Er verstand es, Geschichte nicht nur im Klassenzimmer, sondern draußen in der Natur lebendig zu machen. So führte er seine Schülerinnen und Schüler regelmäßig ins Gelände – etwa zwischen Mausbach und Gressenich –, wo sie nach Überresten aus der Römerzeit suchten. Dabei fanden sie römische Dachziegel, kleine Tonscherben oder sogar Metallstücke. Herr Esser erklärte, dass die Römer in der Region nach Bleierz suchten, woraus Werkzeuge oder Baumaterialien gefertigt wurden.

Die Kinder erfuhren auf diese Weise, dass es in der Gegend um Mausbach eine sogenannte römische Streusiedlung gegeben hatte – mit Wohnhäusern, Werkstätten und Schmelzhütten. Das Sammeln und Anfassen echter Fundstücke aus vergangenen Zeiten machte Geschichte für die Schüler begreifbar und spannend. Diese Form des handlungsorientierten Lernens prägte viele von ihnen nachhaltig.

 

Der Schulwald – Ein vergessenes Projekt mit Zukunft

Ein weiteres Thema des Gesprächs war der sogenannte Schulwald oberhalb von Mausbach. Früher war es üblich, dass jede Schulabgängerin und jeder Schulabgänger dort einen Baum pflanzen durfte. Diese symbolische Handlung wurde von Lehrerinnen und Lehrern sowie einem Förster begleitet. Die Schüler halfen beim Pflanzen, beim Freischneiden der Bäume und bei der Pflege des Geländes.

Etwa ein Drittel des heutigen Schulwald-Geländes war früher eine Mülldeponie der Gemeinde Gressenich, die – bevor der Schulwald angelegt wurde – mit Mutterboden verfüllt wurde.

Über die Jahre geriet dieses Projekt allerdings in Vergessenheit. Die Fläche verwilderte, das geschnitzte Holzschild mit der Aufschrift „Schulwald“ verschwand und mit der kommunalen Neugliederung geriet die Verantwortung aus dem Blick der Stadtverwaltung. Dr. Ingermann betonte, dass er sich eine Wiederbelebung des Schulwaldes wünsche – etwa durch eine neue Pflanzaktion, einen kleinen Naturpfad und Infotafeln. Auch die Zusammenarbeit mit dem örtlichen Förster sei wieder möglich und sinnvoll.

 

Schule in der Nachkriegszeit – Zwischen Strenge und Gemeinschaft

Die Schilderungen gaben auch Einblicke in den Schulalltag der 1950er- und 60er-Jahre. Damals besuchten die Kinder die achtjährige Volksschule. Wer danach auf ein Gymnasium wechseln wollte, musste gute Leistungen vorweisen und in der Regel eine Aufnahmeprüfung bestehen. Die Entscheidung für oder gegen einen Schulwechsel wurde oft in der Familie getroffen – nicht selten aus sozialen oder finanziellen Gründen.

Dr. Ingermann selbst entschied sich bewusst gegen das Gymnasium und begann eine Maurerlehre. Diese Zeit schilderte er als sehr hart – körperlich belastend und nicht selten ausbeuterisch. Letztlich führte ihn sein Weg jedoch über eine Berufsaufbauschule und ein Internat in Mainz doch noch zum Abitur und später ins Lehramtsstudium. Diese Biografie zeigt eindrücklich, wie Bildungswege auch später noch möglich sind.

 

Erinnerungen an verschiedene Lehrkräfte

Neben Herrn Esser wurde auch über weitere Lehrkräfte gesprochen – etwa Fräulein Steinhausen, die als ausgebildete Kindergärtnerin nach dem Zweiten Weltkrieg als Lehrerin eingestellt wurde. Sie arbeitete mit viel Herz, lobte die Kinder, verteilte Fleißbildchen und später kleine Holzengel als Belohnung. Besonders das kreative Basteln und die freundliche Art dieser Lehrerin blieben in guter Erinnerung.

Gleichzeitig wurde auch berichtet, dass es in dieser Zeit körperliche Strafen in der Schule gab – etwa durch den Einsatz eines sogenannten „Stöckchens“. Diese Praktiken gehörten damals zum Schulalltag und wurden von vielen Eltern stillschweigend akzeptiert. Heute ist körperliche Gewalt im Unterricht selbstverständlich verboten, und Lehrkräfte können bei Verstößen rechtlich belangt werden.

 

Gewalt und Mobbing – damals und heute

Dr. Ingermann betonte, dass Lehrkräfte früher große Autoritätspersonen waren. Gleichzeitig hätten sie aber auch Schüler durch Gewalt verletzen können – sowohl körperlich als auch seelisch. Heute sei das Verhältnis zwischen Lehrkräften, Eltern und Kindern demokratischer, Eltern könnten sich einbringen und ihre Kinder schützen.

Er berichtete aber auch von einer Kehrseite: In seiner Zeit als junger Lehrer erlebte er selbst Mobbing durch Schüler – etwa durch gezielte Beleidigungen oder Ausgrenzung. Solche Situationen seien auch heute noch ein Problem an Schulen. Deshalb sei es wichtig, offen miteinander zu sprechen, gegenseitigen Respekt zu fördern und Lehrerinnen und Lehrer genauso zu schützen wie Schülerinnen und Schüler.

 

Sprache als Herausforderung und Chance

Auch das Thema Sprache spielte eine Rolle. Dr. Ingermann wuchs zweisprachig auf – seine Mutter sprach Französisch und Plattdeutsch, Hochdeutsch konnte sie kaum. Deshalb musste er sich viele Begriffe selbst aneignen. Das motivierte ihn zum eigenständigen Lernen. Später lernte er mehrere weitere Sprachen, unter anderem Malaiisch und Spanisch, was ihm durch seine frühen Erfahrungen leichter fiel.

 

Fazit

Das Gespräch machte deutlich, wie sehr sich Schule, Lernen und das Miteinander über die Jahrzehnte verändert haben – aber auch, wie viel von dem früheren Engagement und der Freude am Entdecken in der heutigen Schulwelt wieder Platz finden kann. Der Wunsch, den Schulwald neu zu beleben und mehr mit der Natur und Geschichte vor Ort zu arbeiten, fand bei vielen Anklang.

Dr. Franz-Josef Ingermann betonte, wie wichtig es sei, Bildung als etwas Lebendiges zu verstehen, das nicht nur im Klassenzimmer stattfindet – sondern überall dort, wo Neugier, Fragen und Begegnungen entstehen.